Ausgehend davon, dass die Formen, die uns umgeben, wiederum eine Wirkung auf uns und unser Befinden haben, sollen hier am Beispiel der Eckenbearbeitung eines Zimmers Möglichkeiten zur Gestaltung aufgezeigt werden. Ziel der praktischen Arbeit einer kleinen Gruppe von Personen war eine ästhetische, harmonische Raumgestaltung, die zum gesteigerten Wohlbefinden und zur Anregung der Bewusstseinskräfte der Benutzer oder Betrachter beiträgt.
Abschrägen der konvexen und konkaven Ecken in einem Schlafzimmer
Es ergeben sich sechs rechtwinklige, zurückspringende, konkave Ecken und außerdem zwei rechtwinklige, vorspringende, konvexe Ecken. Bei einer eingehenden Wahrnehmung zu diesem Raum konnten die Personen feststellen, dass die rechtwinkligen Ecken sich nicht so angenehm anfühlen. Der Blick bleibt in den konkaven Ecken hängen und damit stockt auch die Wahrnehmung zum Raum als Ganzem. Heinz Grill hat verschiedentlich beschrieben, dass die lebendigen Ätherkräfte immer in Bewegung sind, runde, geschwungene Formen bevorzugen und auch laufend wieder neu beginnen.
Um den Raum mehr an die Gesetzmäßigkeit des Ätherischen anzugleichen und so die Ätherkräfte der Menschen im Raum günstig zu beeinflussen, wurde in zwei der konkaven Ecken vom Boden bis zur Decke eine schmale Fliesenleiste eingefügt.
Auch wenn das Zimmer dadurch noch geringfügig kleiner wird, ist es dennoch deutlich aufgewertet. Es wirkt runder und harmonischer. In der Regel wird man die Fliesenleiste so anbringen, dass die beiden Winkel zur Wand dahinter gleich sind, also zwei 45°-Winkel entstehen, was zum Raum hin aus dem 90°-Winkel zwei größere, offenere 135°-Winkel macht. Diese Winkel können nach den Gegebenheiten des Raumes angepasst werden. Die Breite der Fliesenleiste war im Beispiel 10 cm. Auch diese Breite kann in Relation zum Raum gewählt werden. Günstig ist eine Übereinstimmung mit anderen, schon im Zimmer vorhandenen Maßen, wie z.B. die Breite eines Türrahmens oder die Höhe der Fußbodenleiste. Gesichtspunkte zum Material und zur Arbeitsökonomie können ebenfalls berücksichtigt werden. Natürlich spielt die Farbe der Fliesen eine Rolle für die Raumempfindung.
In den Ecken neben der Tür und der Balkontür war wenig Platz. Dort wurde auf eine Fliesenleiste verzichtet. Die beiden Ecken in der Bettnische könnten noch in gleicher Weise oder anders ausgestaltet werden.
Die Fliesenleiste schafft Verbindung
Die Eckengestaltung durch Fliesen ist handwerklich anspruchsvoller gegenüber einer Abflachung mit Rigipsplatten, denn die Fliesen müssen zugeschnitten werden. Durch die Farbe und den Glanz der Fliesen kommt jedoch etwas Zusätzliches, Neues herein, was gerade die Abflachung und Öffnung des rechten Winkels betont. Aus der bisher ungünstigen Ecke wird so ein wertvolles Raumelement.
Solange die Wände im rechten Winkel aneinander stoßen, sind sie wenig verbunden. Die eingefügte Fliesenleiste bewirkt eine spürbare Verbindung der beiden Wandstücke. Ganz allgemein kann gesagt werden, dass im Inneren des Menschen eine große Sehnsucht nach Verbindungen besteht. Unverbundenes ist für das seelische Empfinden des Menschen unangenehmer und schwerer erträglich. In dieser Hinsicht trägt die geschaffene Verbindung der Wände zum Wohlbefinden der Raumbewohner bei.
Die Fliesenleiste selber kann und sollte ebenfalls bewusst gestaltet werden. Sie wird sich aus mehreren Fliesenstücken zusammensetzen. Sollen die Stücke gleich hoch sein? In welcher Höhe sollen die Fugen liegen? Welche Maße sind schon im Raum vorhanden? Welche Maße hat das vorhandene Fliesenmaterial?
In ähnlicher Art wurden die konvexen Ecken behandelt. Dazu musste Wandmaterial weggenommen werden. Dieses konnte nur bis zu einer gewissen Tiefe abgetragen werden, wodurch diese Fliesenleisten schmaler wurden als die an den konkaven Ecken. Erfreulicherweise ergab sich bei dem Verhältnis der Breiten recht genau der Goldene Schnitt. Bereits nach dem Abtragen des Materials und noch vor dem Anbringen der Fliesen war ein deutlicher Unterschied im Raum wahrzunehmen. Er wirkte weicher, lichter und großzügiger.
Wir gaben einer Dreiteilung gegenüber einer Zweiteilung den Vorzug. Die drei Teile können nun alle gleich groß sein oder von der Aufteilung z.B. groß – klein – groß oder groß – mittel – klein sein. Wir entschieden uns für gleich hohe Teilstücke. Aufgrund des gegebenen Fliesenmaßes blieben noch zwei kleinere Lücken zwischen den Teilstücken. Diese hätten – wie die Zimmerfarbe – weiß bleiben können. Statt dessen kamen dunklere, farblich gut passende Fliesen zum Einsatz, die zu einer schönen Gliederung führten und obendrein in ihrer Rechteckform den Goldenen Schnitt ausdrückten.
Ein schöner Raum durch die kreative Zusammenarbeit
Die unbefangene Wahrnehmung einiger Personen zu diesem Zimmer, ihre im Dialog ausgeformten Gedanken zur harmonischen Gestaltung und ihre praktische, handwerkliche Arbeit haben zur Verschönerung und zu einer wohltuenden, gehobeneren und das Bewusstsein anregenden Atmosphäre in diesem Zimmer beigetragen.